Wir denken an die 40 Peitschenhiebe, die bei Alkoholbesitz im Sudan fällig werden, als wir diesen Ortsnamen lesen: „El Beer„. Sofort steht fest: hier müssen wir anhalten. Auch unser freundlicher Helfer, 80km nördlich an der sudanesischen Grenze hatte diesen Ort als Rastplatz empfohlen – nur dachten wir da ihn falsch verstanden zu haben.
Als wir ankommen, gibt es ersteinmal einen freundlichen Tee, wie eigentlich überall im Sudan. Ganz klar: hier bleiben wir über Nacht! Der Wirt des kleinen Ladens kocht hier direkt auf glühenden Kohlen. Gut für uns, denn direkt auf der Rückseite der halboffenen Küche, können wir im Freien übernachten – gut versorgt mit Restwärme der Küche in der kühlen Wüstennacht.
El Beer ist so ein Ort wie viele andere am Straßenrand der neuen Verbindungsstraße zwischen Wadi Halfa und Dongola, bei denen das vorhandene Camp dem Hochglanz-Ortsschild kaum gerecht wird. Es gibt nur einige provisorische Hütten und viele Bauruinen – ein paar Buden am linken Straßenrand, El Beer ist keine 100m lang. Dass hier tatsächlich echte Goldgräber leben, erfahre ich erst als ich feststelle, dass das hier ja „wie ein halbverlassenes Goldgräbercamp“ ausschaut. Die Wüste sei voller Gold – schnell haben unsere neuen Freunde genau jene Geschichten parat, an die sie sich wohl selbst klammern um das große Glück zu finden.
Hier ein Kilo Gold zu finden, wäre nicht unwahrscheinlich. Ein Mann soll sogar einmal einen 15Kg Brocken aus der Wüste geholt haben. Legenden an denen vermutlich am meisten die „Schaufelverkäufer“ und der örtliche Wirt verdient. Mit Schaufeln gräbt hier aber keiner mehr wie die herumstehenden Bagger vermuten lassen – auch wenn der eine gerade wirklich seriöse Motorprobleme hat (siehe Foto).
Wir befinden uns direkt neben einem ausgetrockneten Flußbett. Unsere Goldsucher können hier trockenen Fußes den Grund des Flusses ablaufen. Der Boden ist sehr lehmig. Als Nebenproduckt der Goldsuche werden hier wohl auch Lehmziegel hergestellt, die in einer Ecke des Camps zum trocknen in der Sonne liegen. In einer anderen Ecke steht ein Ofen mit dem man vermutlich die verschiedenen Sedimente aus der geborgenen Masse herausbacken kann. Insgesamt könnte der Ort als Vorlage für diverse Filmkulissen aus den Mad Max oder gar Star Wars Filmen gedient haben.
Nachdem Andi. Patrick und Thomas vom morgendlichen Spaziergang zurückkehren, werden sie gleich gefragt was sie denn dort oben, hinten wohl wollten – nicht dass wir noch in Konkurrenz beim Goldgraben träten.
Diese Sorge ist (bis auf Patricks Ambitionen) aber völlig unbegründet, denn schon nach dem nächsten Tee verlassen wir diesen wunderbar surrealen Ort wieder. Zum Abschied wollen alle noch das obligatorische Gruppenfoto mit uns. (v.l.n.r. Patrick, Andi, Goldgräber, Thomas, Martin hinter der Kamera)
Bier kann man in El Beer übrigens tatsächlich kaufen: „Bavaria“ heißt es und hat 0,0% Alkoholgehalt – die 40 Peitschenhiebe also nicht inklusive.
Die besten Grüße an El Beer, die Nuggets und seine Handvoll Goldgräber! 🙂
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